Förderphase II
Wie kann die reduzierte Wärmekapazität von Leichtbau-Gebäuden kompensiert werden?
Wie können Gebäudefassaden aktiviert werden, um die auftreffende Solarenergie für Kühlzwecke zu nutzen?
Leichtbaugebäude weisen aufgrund ihrer reduzierten Wärmekapazität eine erhöhte thermische Schwingungsanfälligkeit auf. Das bedeutet, die Raumtemperatur reagiert sensitiver auf äußere und innere Einflüsse wie beispielsweise schwankende solare Einstrahlung oder variierende Raumnutzungen. Das Problem wird aufgrund der mit dem Klimawandel zunehmenden Temperaturamplituden weiter verschärft und betrifft insbesondere die Gebäudeüberhitzung in den Sommermonaten.
Als mögliche Lösung werden in diesem Teilprojekt erstmalig fassadenintegrierte Adsorptionssysteme erforscht und entwickelt. Diese Systeme zeichnen sich durch eine hohe Wärmespeicherkapazität bei gleichzeitig geringer Speichermasse aus. Zudem können Adsorptionssysteme auch als Kältemaschinen zur aktiven Bereitstellung von Kälte betrieben werden. Im Gegensatz zu konventionellen, passiven Baustoffen, erlaubt dies die vollständige Kompensation von thermischen Belastungen sowie die gezielte Bereitstellung von Kälte zu gewünschten Zeiten und mit definierter Leistung.
Entscheidend für die Eignung eines geschlossenen Niederdruck-Adsorptionssystems für das Thermomanagement von Leichtbaugebäuden ist das Adsorptionsstoffpaar. Ein vielversprechendes Stoffpaar ist mit dem Adsorbens Zeolith und Wasser gegeben. Das System und der Prozess sind in der nachfolgenden Abbildung 1 schematisch dargestellt. Der Adsorber (A) wird dabei als Element der Außenhülle so realisiert, dass er die einfallende Solarstrahlung direkt aufnehmen, aber auch gezielt Wärme dissipieren, kann. In einer ersten Phase wird der Adsorber durch die einfallende Solarstrahlung erwärmt, sodass das gebundene Wasser desorbiert. Der freigesetzte Dampf strömt zum Kondensator (K) auf der sonnenabgewandten Seite, wo er kondensiert. Zu Beginn der zweiten Phase ist der Adsorber verschattet und das Kondensat wird partiell in den Verdampfer gefördert. Sobald der Verdampfer mit dem Adsorber verbunden wird, adsorbiert der Adsorber den Dampf. Hierbei setzt zwangsläufig die Verdampfung des Wassers im Verdampfer ein, wodurch der Innenraum gekühlt wird.
Abbildung 1: Schema und Funktionsprinzip des Adsorptions-Fassadenelements
Um schließlich ein ganzheitlich funktionales und vollwertiges Adsorptions-Fassadenelement zu erhalten, ist es erforderlich, sowohl bauphysikalische Anforderungen als auch architektonisch gestalterische und baukonstruktive Aspekte zu berücksichtigen. Die bauphysikalischen Anforderungen betreffen unter anderem Feuchte-, Wärme- und Schallschutz sowie Raumklima und Komfort. Hinsichtlich der architektonischen Gestaltung stellt insbesondere die limitierte Farbigkeit der dunklen Solarkollektorflächen eine besondere Herausforderung für die Akzeptanz des Adsorptions-Fassadenelements dar, für welche es Lösungen zu finden gilt.
In der ersten Phase des Teilprojekts wird mittels Modellierung und Simulation ein geeignetes Design der Komponenten und ihrer Hülloberflächen bestimmt. Darauf aufbauend erfolgen die Erarbeitung der technischen Entwürfe und die anschließende detaillierte experimentelle Untersuchung mittels einer Testkammer im Labor. Parallel zu den experimentellen Arbeiten werden Konzepte für die Integration in Gebäudefassaden entwickelt und die technischen Entwürfe entsprechend weiterentwickelt. Den Abschluss des Teilprojekts bildet die Implementierung des Adsorptions-Fassadenelements aus dem Laborversuch am Demonstrator-Hochhaus.
Modellierung und Simulation der Einzelkomponenten (Olaf Böckmann, IGTE):
Für die drei Hauptsystemkomponenten Adsorber, Kondensator und Verdampfer wurden präzise Simulationsmodelle entwickelt und in der Software MATLAB implementiert, um die physikalischen Vorgänge, insbesondere den Wärme- und Stofftransport, analysieren und die erzielbaren Kühlleistungen ermitteln zu können. In einem ersten Schritt wird ein Referenzfall simuliert, in dem je nach Regelstrategie Kühlleistungen von bis zu 80 W/m² eingesetzter Fassadenfläche berechnet werden (siehe Abbildung 2). Anschließend wird eine umfangreiche Parameterstudie durchgeführt, um Einflüsse von verschiedenen Geometrievariationen zu ermitteln. Auf Grundlage dieser Ergebnisse wird eine praktische und eine ideale Best-Case-Konfiguration gefunden und ebenfalls simuliert. Dabei ergeben sich Kühlleistungen von bis zu 145 W/m² eingesetzter Fassadenfläche.
Abbildung 2: Simulierte Kühlleistungen für den Referenzfall und zwei optimierte Best-Case-Konfigurationen (BC).
Modellierung und Simulation der Räume und Gebäude (Simon Weber, IABP):
Das gesamte Systemmodell bestehend aus Gebäude, Versorgungsaggregaten, Adsorber-, Kondensator- und Verdampferelementen sowie die Regelungskonzepte werden in der Simulationsumgebung Modelica implementiert. Anhand dessen wird eine breite Parameterstudie durchgeführt und mittels multidimensionaler Bewertungsindikatoren optimal ausgelegte System- und Komponentenparameter identifiziert. Diese bilden die Basis für den technischen Entwurf. Hierzu gehören die Form, Orientierung und Lage des Gebäudes und der Fassadenelemente sowie Systemverschaltungskonzepte. Aus der Raumsimulation gewonnene Information über den Kaltluftabfall und das Kondensationsrisiko werden ebenfalls im technischen Entwurf berücksichtigt.
Abbildung 3: Multivariable Parametervariation zur optimalen Systemauslegung hinsichtlich der Zielgröße Systemeffizienz
Konzeption der inneren und äußeren Hülloberflächen (Andreas Greiner, IBK2)
Aufgrund der Besonderheiten des Adsorptionsprozesses entwickeln wir eine neue Art von Kollektor. Dieser hat im Vergleich zum Flachkollektor nicht nur die Eigenschaft Sonnenenergie effizient zu absorbieren, sondern phasenabhängig Wärme mit hoher Leistung an die Umgebung abzugeben. Diese grundlegende funktionale Neuentwicklung ermöglicht auch die Entwicklung neuer gestalterische Varianten. Dabei loten wir die Grenzen der Funktionalität unter Berücksichtigung von Faktoren wie Leichtbau, Ressourcen, Nachhaltigkeit und Ästhetik aus. Ziel ist es, Planern und Architekten eine Orientierung für die Integration des Systems in eigene Fassadenprojekte an die Hand zu geben. Im Zuge der Untersuchungen finden ausgedehnte Sonnensimulationen und Experimente mit verschieden Strukturen statt. Im weiteren Verlauf werden diese verschiedenen Hülloberflächen konstruktiv und gestalterisch in das Demonstratorhochhaus integriert.
Abbildung 4: Verschattungssimulation der Kollektorhülloberfläche
Abbildung 5: Untersuchung einer textilen Filterebene
Teilprojektleiter:innen
- Dr.-Ing. Micha Schäfer, Institut für Gebäudeenergetik, Thermotechnik und Energiespeicherung
- Prof. Dr. André Thess, Institut für Gebäudeenergetik, Thermotechnik und Energiespeicherung
- Prof. Dipl.-Ing. Arch. Dipl. Des. Martin Ostermann, Institut für Baukonstruktion
- Dr.-Ing. Sumee Park, Fraunhofer-Institut für Bauphysik
Ansprechpersonen
Simon Weber
M.Sc.Doktorand
Olaf Böckmann
M.Sc.Doktorand
Andreas Schedler
M.Sc.Doktorand